34. SONNTAG im Jahreskreis
Mt. 25, 31-40.45-46
Diese Erzählung von Jesus über das „Weltgericht“ hat mich schon als Kind stark angesprochen und mir auch irgendwie Angst gemacht. Es geht etwas Bedrohliches von ihr aus, eine „Drohbotschaft“. Bis ich dann irgendwann verstanden habe, was Jesus wirklich mit dieser Erzählung meint.
Dieses Evangelium will uns keine Information darüber geben, was genau „am Ende der Zeit“, beim „Weltgericht“ passiert. Es will uns aber mit lebendigen, herausfordernden Bildern darauf aufmerksam machen, worauf es jetzt, in diesem Leben ankommt, was jetzt alles entscheidend für unser Leben ist. Es gibt ein Lied, das das heutige Evangelium wunderbar zusammenfasst: „Jetzt ist die Zeit, jetzt ist die Stunde, heute wird getan oder auch vertan, worauf es ankommt, wenn er kommt.“
Unser jetziges Leben hat Konsequenzen für unsere Zukunft. Es ist die Meinung aller Religionen, die je über das Schicksal des Menschen nach seinem Tod nachgedacht haben: Es wird einmal ein Gericht geben. Wir werden uns einmal vor einer höchsten Instanz rechtfertigen müssen. Und im Grunde genommen möchten wir das auch, da tief in uns ein Verlangen nach Gerechtigkeit steckt: Es muss doch Konsequenzen haben, wenn Menschen sich total danebenbenehmen. Es kann doch nicht sein, dass man ungestraft im Leben machen kann, was man will, dass man das Leben anderer schädigen, unmöglich machen, ja töten kann ... denn mit dem Tod ist eh alles aus. Das ist doch ungerecht denjenigen gegenüber, die das alles erleiden müssen. Das widerspricht unserem Gerechtigkeitsempfinden.
Es ist also wichtig, wie ich jetzt lebe, ob ich jetzt - in den Augen Gottes - „richtig“ lebe (in biblischer Sprache: ob ich jetzt „gerecht“ bin). Und was ist das Alles-Entscheidende? „Was ihr selbst dem Geringsten meiner Brüder oder Schwestern Gutes getan habt, das habt ihr mir getan.“ Das Alles-Entscheidende vor Gott ist also: Habe ich in meinem Leben meine Mitmenschen genügend geliebt - nicht durch schöne und erhabene Gefühle, sondern: Habe ich ihnen genügend Wohl, Gutes, getan? Das ausschlaggebende Kriterium ist die Sorge um die Mitmenschen.
Einer sagte einmal: „Es gibt fünf Evangelien: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes und das Leben der Christen. Viele Leute lesen nie die ersten vier. Aber sehr gut das fünfte.“